Marketing + Vertrieb

Ausschreibungen: So bringen Sie Ihre Produkte ins öffentliche Bauprojekt

Sie sorgen für Zusatzarbeit und doch sind sie unverzichtbar. Denn Ausschreibungen – von ihnen ist hier die Rede – sind ein wichtiger Garant dafür, dass bei Bauprojekten von Bund, Ländern oder Kommunen stets das beste und nicht das lauteste und charismatischste Angebot gewinnt. Wir wissen: Wenn es um Ausschreibungen geht, stehen Marken häufig vor Herausforderungen. Deshalb klären wir in diesem Beitrag, wie Bauprodukthersteller gezielt bei der Ausschreibungsvorarbeit zu öffentlichen Bauvorhaben unterstützen und sich so selbst in neutralen Ausschreibungen platzieren können.

Lesezeit:
10
Minuten
Autor:in:
Markus Hieke
Datum:
Mai 2024
Modernes Hochhaus mit skulpturalem Eingang in der Stadt Hannover, im Vordergrund fährt eine Straßenbahn vorbei.
Foto: Wienerberger / Jens Krüger | Architektur: Max Dudler

Inhaltsverzeichnis – die drei wichtigsten Punkte des Artikels:

  • Was genau passiert eigentlich bei einer öffentlichen Ausschreibung? Wofür ist sie gut?
  • Welche Tools nutzen Planende bei der Erarbeitung von Ausschreibungen?
  • Was lässt sich sonst noch tun, um dem eigenen Portfolio eine einigermaßen zielsichere Position in Ausschreibungen zu geben?

Die Ausschreibung: Für einen Großteil an Architektur- und Ingenieurbüros ist sie Alltag, für öffentliche Auftraggeber:innen ist sie Pflicht, für ausführende Gewerke ein Schlüssel zum Fairplay und für Marken… wirft sie regelmäßig Fragen auf. Wie erhöhe ich als Bauprodukthersteller die Chancen darauf, dass im Idealfall letztlich genau mein Produkt im Leistungsverzeichnis erscheint? Liegt die Crux doch darin, dass Planende zwar durchaus eine konkrete Vorstellung vom geeigneten Produkt haben können, sich alle Beteiligten aufgrund von öffentlicher Finanzierung jedoch an klare Vorgaben halten müssen. Ausgaben können schlicht nicht aus dem Bauch heraus oder aus Sympathie zum Bauunternehmen oder einer Marke getätigt werden. Und so sind Architekt:innen wie Bauingenieur:innen – und mit ihnen die öffentlichen Bauherr:innen – im Sinne der Transparenz zur strikten Neutralität gezwungen.

Nun wären wir nicht hej.build, könnten wir nicht trotzdem einige gute Ratschläge vermitteln. Im Rahmen unseres neuen Webinar-Formates »Industry Update«, welches wir Anfang Mai gelauncht haben, baten wir die ausschreibungserfahrene Architektin Christine Klug von der assmann gruppe in Düsseldorf, unseren Teilnehmenden ein paar wertvolle Tipps an die Hand zu geben. Denn wirkungsvoll unterstützen können Marketing- und Vertriebsteams die Planenden allemal.

Nachfolgend fassen wir neben ein paar Basisfakten zum Thema Bauausschreibung noch einmal die wichtigsten Erkenntnisse aus unserer Veranstaltung zusammen.

Was genau passiert eigentlich bei einer öffentlichen Ausschreibung? Wofür ist sie gut?

Anhand einer Bauausschreibung nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) werden Bauunternehmen und Handwerker:innen öffentlich (also in Tageszeitungen, Online-Portalen oder Amtsblättern) aufgefordert, Angebote für erforderliche Bauleistungen (Lieferungen) im Rahmen eines Bauvorhabens abzugeben. Ausgeschrieben werden muss, wenn Bund, Länder oder Kommunen bauen. Auch Stiftungen des öffentlichen Rechts oder Bildungseinrichtungen sind zur Ausschreibung verpflichtet. Mithilfe von Ausschreibungen wird die Vergabe von Bauaufträgen gemäß projektspezifischer Anforderungen garantiert. Erarbeitet werden Ausschreibungen auf Basis der Ausführungsplanungen – in der Regel von Architekt:innen, daneben ebenso von Bauingenieur:innen. Die Anwendung der VOB-Verfahren ist für sie dabei verbindlich.

Aus dem Pool der abgegebenen Angebote…

  • 🔎 prüft die öffentliche Vergabestelle die Unterlagen der teilnehmenden Unternehmen, 
  • ⚖️ bewertet die angebotenen Leistungen,
  • 👍 und entscheidet letztendlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten.

Und was ist mit privaten Bauherr:innen?

Auch privat bzw. durch gewerbliche Bauherr:innen kann ausgeschrieben werden. Die VOB dient dann, wenn ausdrücklich vereinbart, als verbindliche Vertragsbasis. Andernfalls gelten die Bestimmungen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB).

Welche Tools nutzen Planende bei der Erarbeitung von Ausschreibungen?

Prinzipiell werden Ausschreibungen im Bauwesen mit Software-Unterstützung erstellt. Sogenannte AVA-Programme bieten den praktischen Vorteil, dass die mit ihrer Hilfe erarbeiteten Leistungsverzeichnisse sich ebenso zum Abgleich späterer Abrechnungen mit den Angeboten nutzen lassen.

Für Bauprodukthersteller ist es entsprechend ratsam…

  • 💾 Produktdaten in einem für die Ausschreibungssoftware passenden Dateiformat (GAEB .d81) zur Verfügung zu stellen,
  • 🔓 diese aufgrund der großen Menge an benötigten Leistungen nicht hinter einer Login-Schranke zu verbergen,
  • 📁 mit ihren Produktdaten in Datenbanken wie auschreiben.de, heinze-ausschreibungstexte.de und sirados.de vertreten zu sein.

Darüber hinaus greifen Planende natürlich auch auf eigene Datenbanken zurück, was zusätzlich viel und regelmäßigen Pflege- und Aktualisierungsaufwand erfordert. Da Architekt:innen hierfür immer wieder in Herstellertexte schauen, ist es sinnvoll, auf Websites und in Broschüren nicht allein marketingorientierte Produkttexte unterzubringen, sondern ebenso bereits neutralisierte Texte zur Verfügung zu stellen – das reduziert den Bearbeitungsaufwand auf Seiten der Planenden enorm. Und Sie als Produktanbietender bekommen doch eine Möglichkeit, ihre eigene Formulierung im Ausschreibungstext zu platzieren.

Weiterhin ist es ratsam zu wissen, was genau auf der eigenen Website gesucht wird, gegebenenfalls die Klicktiefe zu den benötigten Informationen auf den Prüfstand zu stellen. Zwei bis drei Klicks weniger oder mehr bis zum Ziel können mitunter bereits über die Gunst oder Ungunst der Planenden entscheiden.

Übrigens: Auch in öffentlichen Projekten können Architekt:innen und Bauherr:innen im Planungszeitraum noch mit konkreten Wunschprodukten planen. Allerdings müssen spätestens zum Zeitpunkt der Ausschreibung alle Angaben neutralisiert werden.

Was bedeutet in diesem Zusammenhang eigentlich »neutral«?

Am besten lässt sich das anhand einer Gegenüberstellung typischer Beispiele differenzieren, welche uns von der Referentin des ersten »Industry Update«, Christiane Klug, zur Verfügung gestellt wurde:

produktscharfproduktneutral
Rigips-Platte 👉Trockenbauplatte
Isokorb 👉Tragende Wärmedämmelemente zur Minimierung von Wärmebrücken
ACO Drain (Rinne) 👉Entwässerungsrinne
Styropor 👉Expandiertes Polystyrol
OWA-Decke 👉Abgehängte Rasterdecke
Halfenschiene 👉Schiene für justierbare Befestigung von Anschlusskonstruktionen

Was lässt sich sonst noch tun, um dem eigenen Portfolio eine einigermaßen zielsichere Position in Ausschreibungen zu geben?

Unabdingbar ist der persönliche Kontakt zu den planenden Büros. Die Kunst besteht allerdings darin, als Vertriebsperson/ Berater:in zum richtigen Zeitpunkt vor Ort oder virtuell erreichbar zu sein und den Planenden gegebenenfalls projektspezifische Zuarbeiten anbieten zu können. Und: Haben Sie einen guten persönlichen Kontakt zu den Ausschreibenden, können diese auch ihre Bauherr:innen präziser beraten und möglicherweise das ein oder andere konkrete Produkt aus Ihrem Sortiment benennen.

Denken Sie bei der Vertriebsarbeit auch an ausführende Unternehmen. Haben Sie möglichst viele der aktuell veröffentlichten Ausschreibungen im Blick, können Sie lokale Betriebe gezielt beraten und sich im aktiven Vertrieb mit Ihren Produkten empfehlen. Hierfür ist es selbstverständlich förderlich, die Sprache der neutralisierten Ausschreibungstexte zu kennen und zu verstehen, wann die eigenen Produkte gemeint und für die Bauaufgabe bestens geeignet sind.

Zum Abschluss drei kompakte Fragen und Antworten:

Einige Hersteller bieten Ausschreibungs-Services an, mit deren Unterstützung mitunter Teilbereiche der Leistungsverzeichnisse erstellt werden. Wann sind diese Services relevant und wie intensiv werden sie genutzt?

Bei komplexeren Bauteilen, etwa bei einer Fassadenkonstruktion, Verblendern, Türen oder Schließanlagen mit sehr spezifischen Anforderungen ist Support durchaus gefragt.

Wonach entscheidet sich, ob in einer Ausschreibung ein »Planungsfabrikat oder gleichwertig« erwähnt wird oder nicht?

Vereinzelt kann ergänzend zu neutralem Ausschreibungstext auch das Planungsfabrikat benannt sein. Ob das geschieht, darüber entscheiden die Vergabestellen im Einzelnen, nicht die Ausschreibungsvorbereitenden im Planungsbüro.

Wann darf bei öffentlichen Projekten »produktscharf« ausgeschrieben werden?

Wenn ein:e Bauherr:in/ Kommune aus praktischen Gründen ein bestimmtes Fabrikat wünscht – etwa wenn bei einer Gebäudeerweiterungen/ im Bestand Kontinuität gewünscht ist, lassen sich Positionen auch produktscharf ausschreiben.

So attraktiv die Einbindung in öffentliche Bauvorhaben ist, so herausfordernd – das ist uns klar – bleibt es, im Kontext von Ausschreibungen die Schnittstellen zwischen den Architekturbüros, Bauherr:innen und ausführenden Betrieben auf den Punkt zu bedienen.

Können wir Sie dabei unterstützen? Dann nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt mit uns auf.